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Ginsengwurzel - Ginseng radix [Ph. Eur. 7.0 (01/2008:1523) letzte Änderung 6.0]

Stammpflanze: Panax ginseng C. A. MEYER / Ginseng [Fam. Araliaceae / Efeugewächse]. Synonyme: Panax schinseng T. NEES. Weitere, seltener gebrauchte Synonyme sind Aralia ginseng (C. A. MEYER) BAILL., Aralia ginseng H. BU., Panax quinquefolius L. var. coreensis LIEB. und Panax quinquefolius L. var. ginseng REG. et MAACK. Dt. Synonyme: Allheilkraut, Koreanischer Ginseng. Englisch: Asian ginseng, Asiatic ginseng, Chinese ginseng, ginseng, Korean ginseng, Manchurian ginseng, Oriental ginseng.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Ausdauernde, aufrechte, 40 bis 60 cm hohe Pflanze, die angeblich ein Alter bis 100 Jahre erreichen kann. Stengel rund, unbehaart und nur am oberen Ende mit einem 2- bis 4zähligen Blattwirtel. Blätter dunkelgrün, lang gestielt und fünfzählig gefingert. Blattfiedern 7 bis 20 cm lang und 2 bis 5 cm breit, lanzettlich bis umgekehrt-eiförmig. Die Blüten entwickeln sich erst bei mindestens 3 Jahre alten Pflanzen. Etwa 15 bis 30 Blüten befinden sich in einer (bis drei) Dolde(n), die zwischen den Blättern entspringt und so den Abschluss des Stengels bildet. Blüten gelblich-weiß bis weiß-grünlich. Aus den Blüten entwickeln sich etwa erbsengroße, leuchtend rote und glänzende, kugelige bis nierenförmige beerenartige Steinfrüchte, die 2 Samen enthalten. Wurzeln spindelförmig, je nach Alter der Pflanze mehr oder weniger verzweigt ist und bis 1 m lang. Blütezeit Juni bis Juli.

Verbreitung: In schattigen Gebirgswäldern der Nordostprovinzen Chinas (Hebei, Heilongjiang, Jilin, Liaoning), der nördlichen Teile Koreas und der angrenzenden Teile des Fernen Ostens von Russland (Ussuri-Gebiet).

Droge: Die ganzen oder geschnittenen, getrockneten Wurzeln (Weißer Ginseng) oder die nachfolgend mit Wasserdampf behandelten und danach getrockneten Wurzeln (Roter Ginseng), die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt einer Mischung aus Ginsenosid Rg1 und Rb1 von 0,40 Prozent aufweisen.

Beschreibung der Droge: Hauptwurzel spindelförmig oder zylindrisch, zuweilen verzweigt, meist gebogen oder deutlich gekrümmt. Länge bis 20 cm, Dicke bis 2,5 cm. Oberfläche blassgelb oder cremefarben, mit Längsrunzeln. Am Kopfstück meist mit Narben der Stengel. Bruch kurz. Im Querschnitt ist außen eine breite Zone mit verstreut angeordneten, orangeroten Exkretgängen und innen ein feinstrahliger Bereich zu erkennen. Im unteren Teil der Hauptwurzel entspringen zahlreiche feine Sekundärwurzeln, die einen sehr kleinen Durchmesser aufweisen.

Geruch und Geschmack: Geruch schwach und eigenartig, Geschmack erdig, auch beschrieben als schwach würzig, anfangs leicht bitter, dann süßlich und etwas schleimig.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Radix ginseng; Deutsch: Menschenwurzel, Lebenswurzel, Lebensverlängerungswurzel, Kraftwurzel, Weißer Ginseng; Englisch: Man plant, Chinese physic, ginseng root, tartar root.

Herkunft: Fast ausschließlich aus dem Anbau. Hauptlieferland ist Südkorea mit einer Jahresproduktion von 11.500 Tonnen (1998). Abgesehen von Russland sind Wildvorkommen durch intensives Sammeln sehr stark zurückgegangen oder erloschen.

Inhaltsstoffe: Als Hauptwirkstoffe gelten die als Ginsenoside bezeichneten Triterpensaponine vom Dammaran-Typ. Bei diesen handelt es sich insbesondere um Bisdesmoside von Protopanaxadiol und Protopanaxatriol. Der Gehalt an Ginsenosiden liegt je nach Herkunft im Durchschnitt zwischen 0,8 % und 6 % und kann maximal bis etwa 10 % ansteigen. Hauptkomponenten sind die Ginsenoside Rb1 (0,15 bis 1,2 %), Rb2 (0,06 bis 0,8 %), Rc (0,1 bis 1,2 %) Re (0,15 bis 1,5 %) und Rg1 (0,22 bis 0,66 %). Bei den Protopanaxadiolglykosiden (Ginsenoside Rb1, Rb2 und Rc) sind die überwiegend aus Glucose bestehenden Zuckerreste in den Positionen 3 und 20 an das Aglykon gebunden, bei den Protopanaxatriolglykosiden in den Positionen 6 und 20 (Ginsenoside Re und Rg1). Als weitere wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe werden die Polysaccharide und Polyacetylene (u. a. Panaxynol) angesehen. Außerdem enthalten sind wenig ätherisches Öl (ca. 0,05 %), welches überwiegend aus Monoterpenen zusammengesetzt ist, und phenolische Verbindungen.

Wirkungen: Adaptogene Wirkung, Herabsetzung der Ermüdungstendenz und allgemeine Steigerung der Leistungsfähigkeit des Organismus. Ginseng wird in Ostasien seit Jahrtausenden zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit, zur Steigerung der Abwehrfähigkeit des Organismus und zur Vorbeugung des Alterns eingesetzt und ist allgemein als bedeutungsvollste Arzneipflanze des ostasiatischen Raums einzuschätzen. Demzufolge wurden in den zurückliegenden Jahrzehnten unzählige pharmakologische Untersuchungen durchgeführt, in denen diese häufig auch unter dem simplen Oberbegriff der "tonisierenden Wirkung" zusammengefassten Effekte nachgewiesen und zum Teil auch den einzelnen Inhaltsstoffen der Droge zugeordnet wurden..

Anwendungsgebiete: Als Tonikum zur Stärkung und Kräftigung bei Müdigkeits- und Schwächegefühl, nachlassender Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit sowie in der Rekonvaleszenz.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: In Ostasien scheint kaum ein Indikationsgebiet zu existieren, bei dem Ginsengwurzel nicht verwendet wird. Neben den oben genannten Anwendungen, bei denen die Wirksamkeit durch klinische oder pharmakologische Untersuchungen erwiesen ist, zählen hierzu auch eine Vielzahl von Anwendungen ohne Wirksamkeitsbeweis. Zu nennen sind u. a. die Anwendung bei drohendem Kollaps, vermindertem Appetit, Schwächung und Abmagerung nach langer Krankheit, Schlaflosigkeit, Angstzustände, Impotenz und Unfruchtbarkeit der Frau.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.

Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Soweit nicht anders verordnet wurde ist eine mittlere Tagesdosis von 1 bis 2 g Droge zu verwenden (Zubereitungen entsprechend; Kommission E). Es existieren aber auch Angaben, wo eine tägliche Anwendung von 3 bis 9 g genannt wird. Die Angaben zur Dauer der Anwendung sind nicht einheitlich. Entsprechend der Monographie der Kommission E beträgt die Anwendungsdauer in der Regel bis zu 3 Monaten. Ferner wird die erneute Anwendung als möglich erachtet. Entsprechend der Verwendung der Droge in den Ursprungsländern erscheint jedoch eine monate- bis jahrelange Anwendung empfehlenswert.

Sonstige Verwendung: In der Kosmetikindustrie erfolgt u. a. die Verwendung als Zusatz zu Haarwässern, Shampoos und Gesichtscremes. Die Lebensmittelindustrie nutzt die Droge zur Herstellung von Ginsengmarmeladen und ginsenghaltigem Konfekt.


Bilder:

In Ostasien allgemein und in China im besonderen wird um die Ginsengwurzel ein regelrechter Kult betrieben. Die linke Abbildung zeigt einen Heilmittelladen in Hong Kong, in dem in einzigartiger Weise herbarisierte Ginsengwurzeln einen zentralen Platz einnehmen. In gleicher Weise verwendet werden die unterirdischen Teile von Notoginseng (Stammpflanze: Panax notoginseng), dessen gedrungenen Wurzelstöcke (s. rechte Abbildung) nahezu die gleichen Inhaltsstoffe enthalten.


Literatur: Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York; M. Wichtl (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 1977;  Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 11 vom 17.01.91; Europäisches Arzneibuch, 4. Ausgabe, Grundwerk 2001 sowie 5. Ausgabe, 1. Nachtrag; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN). [Online Database] National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Available: http://www.ars-grin.gov/cgi-bin/npgs/html/taxon.pl?26379 (09 March 2003); Neumerkel W: Ginseng - die "Wurzel des Lebens" - Eine exotische Heilwurzel erreicht das Abendland. Drogenreport 15 (2002): 65-66.


© Thomas Schöpke